Nachdem sich Anfang November die Drehscheibe für 5 Tage schneller und schneller um die Entscheidung keine U23 Teams nach London zu schicken gedreht hatte wollte ich dem Vorstand des ÖFSV die Möglichkeit bieten ihre Sicht der Dinge darzustellen. Für den Vorstand beantwortete Timon Scheuer meine Fragen. Timon ist Seit März 2014 Ultimate Koordinator im ÖFSV.o
Bis zum 28.11. besteht noch die Möglichkeit, mittels Umlaufbeschluss auf die endgültige Entscheidung einfluss zu nehmen.
Autimate: Der Termin für die U23 WM wurde erst am 20.Oktober von der WFDF verkündet, davor gabs nur Gerüchte, du als UltiKo versuchst einen Turnierplan für das gesammte Ultimate Jahr weit im Vorraus zu erarbeiten. Ist die Verkündung des Termins 8 Monate davor durch den WFDF zu spät?
UltiKo: Mir persönlich sind 8 Monate jedenfalls zu spät. Mein Vorsatz für 2014 war, nach der letzten diesjährigen ÖStM (also Ultimate Open & Women) die ÖFSV-Termine für 2015 fixiert zu haben. Für die bisher bekannten Staatsmeisterschaften hätte dies 9 bzw. 12 Monate Vorlaufzeit impliziert. Der WFDF sollte uns hier natürlich noch ein Stück voraus sein!
Dabei geht es nicht nur darum, dass es SpielerInnen geben mag, die sich Arbeits-, Studien- und Familienleben ein Jahr im Voraus einteilen müssen. Auch wird die im März 2014 geforderte professionellere Organisation der Österreichischen Staatsmeisterschaften entsprechende Vorlaufzeiten notwendig machen.
Zu guter Letzt geht es aber eben auch um die Jahresplanung des Verbandes und der Vereine. Die von Dir angesprochenen Gerüchte über meine Bemühungen um einen „Turnierplan“, dürfen bereits seit Anfang Juli als Fakt gesehen werden. Seit damals besteht ein einsehbares Forum, in welchem im Übrigen auch ersichtlich war, dass die U23 vorerst keine Berücksichtigung findet.
Autimate: Wer traf die Entscheidung die U23 nicht nach London zu schicken und wie darf man sich die Entscheidungsfindung vorstellen?
UltiKo: Die Entscheidungsfindung begann im Grunde schon im März 2014 mit dem Übereinkommen der Generalversammlung. Wieder aktiv auf der Vorstandsagenda fand sich die U23 kurz nach WJUC in Lecco, als Gerüchte über die Abhaltung in Europa aufkamen. Im Zuge dessen fragte etwa Gregor Szith, dessen längerfristiges Interesse an einer U23 inzwischen auch via Drehscheibe kommuniziert wurde, ob sich die Gerüchte bestätigen lassen und eine Förderung in Aussicht stünde. Beides musste zu jener Zeit verneint werden, weshalb das Übereinkommen der Generalversammlung weiter als Status Quo angenommen werden durfte.
Akut wurde das Thema dann durch die Ankündigung des WFDF. Erste Reaktion war eine von Peter Scheruga initiierte und von anderen Nationalteam-Trainern unterstützte Beschwerde über die ungünstige Terminwahl und die Diskussion, dass sich das aufkeimende U23-Interesse einiger Spieler im AUT Open nicht mit Commitments der Vergangenheit verträgt. Als Tom Mitterer dann eine erste Liste an interessierten SpielerInnen vorlegte, die über jene aus dem AUT Open hinausging, wurde dann deutlich, dass es mit März 2014 nicht erledigt und eine neuerliche Stellungnahme von Seiten des den Verband repräsentierenden Vorstands notwendig ist.
An dieser Stelle darf gesagt werden, dass sich die Vorstände bei der Einschätzung der Situation und ihrer Brisanz nicht vollends einig waren. Daher wurde es im Zweifel bei einer Empfehlung belassen, in der naiven Hoffnung auf schnelle und selbstständige Einsicht oder Lösung. Im Gegenteil schien dadurch nun aber vor allem das Übereinkommen vom März 2014 in Frage gestellt, was die Diskussion endgültig auf alle Divisions ausweitete und damit die Problematik rund um Überschneidungen und ÖStM Ultimate Mixed zuspitzte. Kurzum war und wurde eine eindeutigere Entscheidung gefordert, um die Saison auf Verbands- und Vereinsebene planen zu können.
Einzelne Vorstände versuchten sich daraufhin noch detaillierteren Einblick in die Situation und auch Argumentation zu verschaffen. Am Ende lag kurzgefasst das vor, was im Zuge des Umlaufbeschlusses als Entscheidungsgrundlage mitausgesandt wurde. Die Entscheidungsfindung wurde dadurch noch lange nicht leicht – kein Vorstand reißt sich schließlich um die Rolle des Bad Cops, der jungen SpielerInnen eine Möglichkeit verwehrt – aber sie wurde möglich. Vorstellen darf man sich das als eine Reihe von persönlichen Gesprächen, Mails, SMS, Telefonaten und schließlich einer Sondersitzung, in welchen ein konstruktiver und stets kritischer Diskussionsprozess erfolgte. Eine vermeintliche Stärke des Vorstandes ist es nämlich, dass er aus unterschiedlichen Charakteren besetzt ist, welche bei Bedarf auch unterschiedliche Rollen im Spanungsfeld von Empathie und Rationalität einnehmen. Ähnlich wie bei der diesjährigen Absage des ursprünglichen Termins der ÖStM Ultimate Open & Women hat sich bei dieser Sondersitzung erneut die Rationalität durchgesetzt – im Kreis der fünf mit Ultimate befassten Vorstände des ÖFSV (Christian Leitner, Claus Lackerbauer, Gerhard Petz, Holger Pikall und Timon Scheuer) wurde die Entscheidung gegen eine Entsendung getroffen – basierend auf bereits bekannten Argumenten und der Letztverantwortung gegenüber der Generalversammlung.
Autimate: Was ist zum Thema U23 in den Zukunftsgesprächen genau besprochen worden? Im Protokoll findet sich nur ein Satz der besagt das die U23 nachrangig gegenüber den anderen Nationalteams ist.
UltiKo: Ja, die Unvollständigkeit des Protokolls ist uns als dafür verantwortlicher Vorstand natürlich peinlich. Keinesfalls eine Entschuldigung aber vielleicht Erleichternd verschafft die Information, dass bereits in einer der ersten Vorstandssitzungen nach der Generalversammlung beschlossen wurde, dass das Protokoll zukünftig live und für alle einsehbar verfasst wird.
Zur diesjährigen U23-Debatte kann ich also nur aus dem Gedächtnis berichten, bis dato scheinen sich meine Erinnerungen aber stark mit jenen anderer Funktionäre zu decken. Ganz kurz wurde über die Einstufung und Rolle der U23 ganz allgemein gesprochen. Hierzu gab es allerdings durchaus unterschiedliche Ansichten, weshalb der Fokus recht schnell auf das wesentliche gelenkt wurde: die kommende Saison und das Jahr 2015. Hierbei ging es etwa darum, dass die Professionalisierung und anspruchsvolle Zielsetzung der allgemeinen Klassen und der „echten“ Jugendklassen jedenfalls Vorrang hat – soweit würde dies aber wohl nur Kader- und Förderdiskussionen betreffen. Aber auch hinsichtlich Aufwertung der Staatsmeisterschaft samt Bemühungen zu Gunsten einer nachhaltigen Vereinsstruktur wurde Konfliktpotenzial vermeldet. So soll die terminliche und budgetäre Belastung ihrer niedrigeren Priorität entsprechen und keine negativen Auswirkungen auf die Verfügbarkeit und Begeisterung der SpielerInnen für Vereinsaktivitäten haben – hier erreichen wir die Diskussion um die Verschiebung der ÖStM Ultimate Mixed. Zu guter Letzt machte es aber wohl auch der damals vermutete Austragungsort Japan allen recht einfach, für eine Aussetzung der U23 schnell mal die Hand zu heben – eine inzwischen veränderte Sachlage und Argument für die Durchführung des inzwischen initiierten Umlaufbeschlusses.
Autimate: Die U23 Spieler fühlen sich scheinbar nicht gut vertreten, wer hat dem Vorstand zugesichert das Entscheidungen zum Thema U23 akzeptiert werden wie immer sie auch ausfallen?
UltiKo: Nun, vermutlich hat der Vorstand hier zu leichtfertig von Bekenntnissen der Nationalteam-Trainer – etwa Gregor Szith, Peter Scheruga und Tom Mitterer – auf die mit ihnen in Kontakt stehende U23 geschlossen. Falls die genannten aber doch in irgendeiner Form als Vertreter gesehen werden dürfen, dann keinesfalls als schlechte. Allesamt haben sich entsprechend ihrer Möglichkeiten für die Interessen der JungsportlerInnen eingesetzt. Eine auf eine Generalversammlung basierende Entscheidung des Vorstands zu akzeptieren ist kein Zeichen von Schwäche, sondern schlicht Wertschätzung demokratischer Strukturen und Verständnis für die vom Vorstand übernommene Verantwortung.
Autimate: War der Vorstand überrascht vom Willen der U23 Spieler zur WM zu fahren, habt Ihr die Zahl der interessierten Spieler unterschätzt?
UltiKo: Endlich eine kurze Antwort: Definitv.
Autimate: Glaubt der Vorstand das Abschneiden bei internationalen Turnieren einen Einfluss hat auf die Menge der Förderungen die von der BSO lukriert werden kann?
UltiKo: Soweit ich die Förderstrukturen in unserem Land kennenlernen durfte und die kürzlich ausgewiesene Beurteilung von Fachverbänden interpretiere: ja.
Details müsste man wohl bei den Schatzmeistern Claus und Gerhard nachfragen – auf die Schnelle ergänzt Gerhard schon mal: Der BSFF (ehem. BSO) ist für die Leistungs- und Spitzensportförderung zuständig – von dort bekommt der ÖFSV alle Mittel und in diesen Bereich müssen diese auch fließen. Das heißt, die Ergebnisse schlagen direkt durch: aus diesem Grund liegt 2015 der Fokus auf die Jugendklassen und Europameisterschaften. Ein weiterer Bereich sind die Staatsmeisterschaften, für die wir Förderungen erhalten, im Gegensatz zu „normalen“ österr. Meisterschaften. Eine Staatsmeisterschaft muss aber eben gewisse Kriterien erfüllen.
Autimate: Welche Lehren zieht der Vorstand aus der heißen Diskussion auf der Drehscheibe?
UltiKo: Allen voran die Notwendigkeit einer frühzeitigen, vollständigen, durchsichtigen und wahrscheinlich sogar wiederholten Kommunikation. Eine Lehre die wohl alle in der Diskussion beteiligten Ebenen ziehen müssen, doch der Vorstand tut gut daran, den ersten Schritt zu machen und seine Arbeit, seine Erfolge, aber auch die sich dabei ergebenden Hürden und Verbindlichkeiten zu vermitteln – wobei wir uns natürlich überlegen müssen, wie wir dieses beachtliche Mehr an Information effektiv und ohne zuviel Bürokratie kommunizieren können.
Österreich als Ganzes sollte aus der Diskussion noch ein paar Lehren mehr ziehen. Nicht zuletzt die JungsportlerInnen, welche sich schlecht vertreten fühlten, sollten sich hier Lösungen überlegen. Aber ich denke, darüber werden wir bei und bis zur nächsten Generalversammlung noch ausführlich genug diskutieren.
Autimate: Die Anzahl der teilnehmenden Teams bei Staatsmeisterschaften haben Einfluss auf die Förderwürdigkeit, was macht der Verband um mehr Teams zu den ÖStM zu bringen?
UltiKo: Nun empfiehlt sich, gleich nochmal auf die frühzeitige Terminbekanntgabe hinzuweisen. Es gibt Teams, deren Teilnahme scheitert an der Verhinderung von weniger als einer Hand voll SpielerInnen, die es sich bei entsprechender Planbarkeit vielleicht eher einrichten hätten können.
Ergänzend ist der Vorstand durchaus gewillt, auch für die Staatsmeisterschaften mehr Geld in die Hand zu nehmen. Dafür muss aber gewährleistet sein, dass dieses Geld auch sicher den teilnehmenden Teams und nicht der Kassa der VeranstalterInnen zu Gute kommt. Wir arbeiten hier sowohl an Richtlinien für Veranstalter als auch an alternativen Konzepten, in welchen die Veranstaltungshoheit vom Verband selbst übernommen werden kann.
Eine Herausforderung bei der Arbeit ist es jedoch, einen Kompromiss aus den Ansprüchen der Spitze, den Bedürfnissen der Breite und bereits bestehenden Beschlüssen der Generalversammlung zu finden. Kurzum: es wird viel getan, wenn nicht gerade Unsummen an Zeit und Energie in eine Diskussion fließen muss, welche schon lange mit bestehenden Beschlüssen und Bekenntnissen konsistent abgeschlossen sein könnte.
Autimate: Es gab ja schon einen Umlaufbeschluss, wie war da die Teilnahme der Vereine und wie wird das Prozedere von Euch gehandhabt?
UltiKo: Zeremonienmeister hierfür ist Holger, welcher auf die Schnelle ergänzt: Beim letzten Umlaufbeschluß haben wir das tool survey monkey benützt. Das war nicht optimal, weil wir die eigentliche Auswertung dann erst wieder in einem spreadsheet machen mussten, weil die Vereine unterschiedlich viele Stimmen haben. Teilgenommen haben etwa die Hälfte der Vereine. Feedback zur Umsetzung der Wahl gab’s keins.
Diesmal werden nur Stimmen, die A oder B wählen, als gültige Stimmen gewertet. Das ist notwendig, weil, wenn eine Enthaltung als gültige Stimme zählte, könnte es passieren, dass weder A noch B die Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen erhalten könnten.
Wir werden das Ergebnis veröffentlichen. Das detaillierte Stimmverhalten wahrscheinlich nur auf Verlangen. Ob wir (bald) schon einen Notar brauchen?
Ich, Timon, darf an der Stelle aber noch anfügen, dass der empfohlene Blick auf die ausgesandte Entscheidungsgrundlage deutlich machen sollte, dass der Umlaufbeschluss nur ein, wenn auch entscheidender, Teil des laufenden Prozedere ist. Denn die in den Unterpunkten 2 und 3 der Entscheidungsgrundlage betroffene rechtzeitige, verlässliche und umfassende Feststellung des Entsendungsbedarfs kann letztlich nur von der potenziellen U23 oder eben ihren VertreterInnen selbst nachgeholt werden – ausreichend lange Listen an zugelassenen SpielerInnen, die allesamt bestätigt haben, den Antritt aus eigener Tasche zu finanzieren, notwendige Absprachen mit anderen Nationalteam-TrainerInnen getroffen haben, Hauptverantwortliche für die Organisation und eventuell notwendige BetreuerInnen gefunden haben, etc. Kurzum: Ich hoffe, dass Österreich inklusive die U23 genau bedenkt, auf was es sich mit der jeweiligen Entscheidung einlässt und was zur Berücksichtigung und Umsetzung derselben bis Ende November notwendig ist.
Von mir noch ein Dank für die Zusammenarbeit an Timon und hoffentlich ist der Beitrag eine Entscheidungshilfe im Hinblick auf den Umlaufbeschluss.