In der zweiten Folge von Interviews mit Österreichischen Spielern die im Ausland Erfahrung sammeln konnten: Dominik Fischer von Catchup Graz, Kapitän des Open Nationalteams 2011 in Maribor.
Wo bist du genau und was machst du da?
Ich habe ein Auslandssemester an der University of Arkansas in Fayetteville, Arkansas, verbracht.
Spielst du Club/ Pick-up/ an der Uni?
In den ca. 5 Monaten habe ich für das Club Team der Uni, „Ludicrous Speed“ gespielt. Da es mein
erstes Jahr an einer Amerikanischen Uni war, konnte ich als „Freshman“ spielen und zu
Anfängerturnieren mitfahren, obwohl ich schon ein Zeiterl Ultimate am Buckel hatte. In den USA darf
man normalerweise jeden Sport an der Uni nur fünf Jahre spielen, dann wird man zu Sectionals
(sowie Regionals und Nationals) nicht mehr zugelassen. Da das Unitraininig immer gleichzeitig mit
den Pick-up Spielen stattfand konnte ich dort nur mitspielen wenn das andere Training ausfiel, was
sehr selten war, denn konnten wir nicht auf den Platz gab es „Chalktalks“ (Taktikbesprechungen mit
Anwesenheitspflicht) und danach ein Workout im Sportzentrum der Uni.
Wieviele Teams gibts in deiner Umgebung, wie groß sind die Teams?
Um diese Frage zu beantworten müsste man Gegend genauer definieren. In Fayetteville selbst gibt es
ein High School Team („Dark Side“) von dem die meisten Spieler dann auch für das Uni Team spielen,
sobald sie an der Uni sind. Dark Side war vor zwei Jahren auch bei den High School Nationals dabei,
dem Nachwuchs wird also eine große Rolle zugeschrieben.
Zu den Regionals fuhr dieses Jahr ein Mixed Team aus Fayetteville, „Tune Squad“, konnte aber nicht
aufsteigen. Die Mastersszene dürfte in Fayetteville recht groß sein, denn bei diversen Masters
Teams, die bei Nationals vertreten sind, spielen immer wieder Leute aus Fayetteville mit und auch
bei den Pick-up Spielen wo ich dabei war waren es meist ältere Spieler und Innen mit denen dem
Plastik nach gehetzt wurde.
Dann gäbe es da noch „Liquor and Cleats“ aus Fayetteville, die es immer wieder auf internationale
Turniere wie Paganello schaffen. Sonst kann ich zu denen aber recht wenig sagen.
In der näheren Umgebung gibt es sicher noch einige Teams von denen ich nichts weiß. Oft kommt es
auch vor, dass sich gute Spieler zusammentun um bei den Regionals zu spielen und aufzusteigen,
diese Projekte waren bis jetzt aber noch nicht von Erfolg gekrönt soweit ich weiß (unter anderem
auch auf Grund der Stärke der anderen Teams aus der Region – Double Wide und Chain Lightning).
In Arkansas gibt es weiters ein paar Universitäten und jede Uni hat ihr eigenes Team. Es ist also weit
mehr los als in Österreich, vor allem auf akademischer Ebene. Auch sind die meisten Teams viel
Größer als bei uns. Meine Mannschaft, ein reines Open Team, hat am Ende des Semesters in etwa 30
Mitglieder gehabt, wovon aber meistens mindestens 25 Jungs bei Trainings anwesend waren.
Wie organisiert/strukturiert ist dein Team bzw. Ultimate in der Gegend?
Ultimate wird in der Gegend um Fayeteville von den „Fayetteville Disc Association“ organisiert.
Soweit ich das mitbekommen habe sind die meisten Spieler dort Mitglied (vielleicht ist man auch
automatisch Mitglied wenn man im Club spielt). Die FDA hat verschiedene Interessen wie den
Nachwuchs zu fördern, Möglichkeiten zu bieten Ultimate zu Spielen (Platzangebot schaffen), und
Turniere und Ligen (es gibt eine Winterleauge und eine Summerleague) auszurichten.
Bei dem einen Turnier, bei dem ich dabei war („Harvest Moon“ – über 70 Teams, 25 Felder)
koordinieren einige Leute von der FDA und kassieren dann aber auch Geld dafür. Das funktioniert
dort anscheinend recht gut, die Dimensionen sind dennoch nicht sehr einfach zu begreifen.
Mein Team hatte im Wintersemester zwei Coaches, die selber auch Spieler waren (im
Sommersemester werden sie dann einen Coach von außen haben). Beide hatten jedenfalls recht viel
Erfahrung, vor allem der Headcoach (er war Senior, also in seinem letzten College Jahr), und
zusammen haben die das Training geleitet und auf Turnieren gesagt was passiert. Mir kam vor, dass
Hierarchie dort einen ganz anderen Stellenwert hatte als bei uns ins Österreich. Was der Captain
gesagt hat wurde gemacht, ob es einem passte oder nicht – da hat es einfach nie eine Diskussion
gegeben – nie.
Das gesamte Spiel kam mir auch viel strukturierter vor: Positionen waren rigider festgelegt,
Spielzeiten viel ungleicher unter den Spielern verteilt (ich war auf Turnieren, wo die Hälfte der
Mannschaft weniger als 5 Punkte im gesamten Turnier gespielt hat), und die älteren Spieler hatten
im Zweifelsfall das Vorrecht. Dafür wusste jeder was sein Part im Team war, und viele sahen das als
Ansporn im nächsten Jahr weiter nach oben zu kommen und stärker zu werden.
Hat Ultimate einen anderen Stellenwert bei den Spielern als in Ö?
Ich glaube nicht. Auch in den USA schätzt man die generelle Offenheit von Frisbeespielern und die
Atmosphäre von Turnieren. Die meisten wissen, dass sie mit Ultimate nicht berühmt werden können,
sie spielen es weil die normalen Kids eh den anderen Mist machen und sie eben ein bisserl was
anderes tun um die Zeit über die Runden zu bringen.
Kompetitives Spiel ist jedoch gegenwärtiger als bei uns. Bei Turnieren wird natürlich Bier getrunken
und gefeiert, aber wenn man nicht spielen kann am nächsten Tag kann man ernsthafte Probleme
bekommen. Auch denke ich, dass zu viele Leute schon zu viel Zeit in den Sport investieren, als dass
sie sich durch eine Party den nächsten Tag versauen wollen würden. Aber der Trend kommt bei uns
ja auch.
Hat Ultimate einen anderen Stellenwert / Bekanntheitsgrad bei Nicht-Ultimate-Spielern?
Generell denke ich, dass Ultimate bekannter ist als bei uns. Nichtsdestotrotz kennen viele Menschen
Ultimate auch dort nicht. Was ich interessant gefunden habe ist, dass die meisten Menschen, denen
man erzählt dass man „Frisbee spielt“ einen fragen ob ich Frisbee Golf meinte. Golfkurse kann man
überall finden und anscheinend haben auch schon viele Menschen in den USA einmal selbst gespielt
oder es zumindest einmal in einem Park gesehen. Die erste gedankliche Verbindung zu Frisbee ist
also eine andere als bei uns in Österreich wo man Frisbee Golf wohl noch weniger kennt als Ultimate
und Frisbee nur mit Park, Strand oder maximal mit einem Hund verbindet.
Ich nehm an du hast schon ein Turnier gespielt!? Wie sind die Unterschiede beim Turnier von Europa zu deinem Standort?
Generell sind Frisbeeturniere viel größer in den USA als bei uns. Mehr Teams, mehr Felder – 70 Teams
sind keine Seltenheit -, aber sie haben ja auch den Platz. Es wird viel länger outdoor gespielt als bei
uns: das letzte Turnier, das ich gespielt habe war am letzten Novemberwochenende 2011, aber auch
danach hätte es noch Turniere gegeben.
Seedings sind viel wichtiger als bei uns, denn bei so vielen Teams macht es schon einen Unterschied
ob man gegen ein starkes Team oder drei in der Vorrunde spielen muss. Oft gibt es auch Power
Pools, die spielen sich am ersten Tag nur den Gegner vom zweiten Tag aus, sind aber schon fix top zehn; Teams die nicht in den Power Pools sind haben es wirklich schwer dann noch nach oben zu
kommen). Man hat normalerweise vier Spiele am Samstag (ich glaube es waren so 90 Minuten pro
Spiel), ohne wirkliche Pause zwischen den Spielen – außer man fertigt das andere Team schneller ab
(bzw. umgekehrt). Oft fallen aber auch Teams aus oder fahren frühzeitig heim und man hat ein
Freilos. Das passiert oft auch am ersten Spiel am Sonntag. Am Sonntag wird meistens k.o. – System
gespielt und wenn man raus ist fährt man heim. Den dritten Platz interessiert kein Mensch, es zählt
nur der Erste!
Einen Spiritcircle gibt es nicht, man klatscht nach dem Ende des Spiels mit der anderen Mannschaft
ab und vergibt dann keinen Spirit, ergo gibt es keine Spirit-Awards.
Wie sind die Unterschiede auf dem Feld (Regeln, Spirit) zu Europa?
Es geht bei den Amis ums gewinnen! Wenn man ein Spiel verliert sind mal alle „pissed“ und um
dieses Gefühl zu vermeiden wird alles gegeben, ich würde sagen mehr als bei uns. Auf
Schmerzmitteln spielen ist ganz normal und auch ok. Der Respekt vor dem Körper des Gegners ist
auch wesentlich geringer als bei uns, das ist dort einfach so. Amis zucken meistens aber auch nicht
wahnsinnig aus wenn ein anderer Spieler gefährlich in sie rein geht. Körperkontakt ist Teil des
Spieles, in Luftkämpfen werden wenig Fouls gecallt, ein gesundes Gerangel gehört dazu, und ich
muss sagen, nach einer kurzen Gewöhnungsphase war das gar nicht so unangenehm.
Den Spirit der Amis habe ich für eher schlecht empfunden. Die meisten sind zwar sehr ruhig am Feld
und in Diskussionen, callen oder contesten aber prinzipiell so wie es ihnen am besten passt – das
kann den Ausgang eines Spiels dann doch verändern. Abseits des Feldes wird auch gerne gegen
andere Teams gestichelt, bzw. in der Teambesprechung werden oft harte Worte gefunden um das
eigene Team anzustacheln – gewöhnungsbedürftig.
Wie ist das Niveau im Vergleich?
Für das Alter meines Teams (die meisten jünger als 22, ich war der Zweitälteste mit 24) war das
Niveau sehr hoch, allerdings habe ich auch andere College Teams (Carleton, Michigan, Texas,…)
gesehen wo es erst so richtig zur Sache gegangen ist. Ich glaube Österreich kann einfach schon von
der Anzahl der verfügbaren Spieler mit dem Niveau nie mithalten. Die Dichte ist einfach höher und
das System um Topteams zu produzieren ausgereifter und weiter entwickelt als bei uns.
Spielt derselbe Menschenschlag Ultimate wie in Österreich?
Ich glaub man findet in den USA genauso viel Farbenfrohheit und Ausprägungen in alle Richtungen wie bei uns.